Doktorarbeit
Charakterisierung von Bindungsmechanismen und Mobilität von Metallen und Metalloiden unter dem Einfluss erhöhter CO2-Gehalte in Mofetten-Böden
Judith Forberg (03/2014-11/2018)
Betreuer: Britta Planer-Friedrich
Mofetten sind natürliche Austrittsstellen von geogenem Kohlenstoffdioxid (CO2). Sie treten vor allem in seismisch aktiven Regionen auf. Die extremen CO2-Konzentrationen beeinflussen maßgeblich die Bodenbedingungen, die um Mofetten herum herrschen. So ist der Boden bis an die Oberfläche anoxisch und CO2-Lösung im Porenwasser bewirkt eine fortschreitende Bodenversauerung. Die Bildung pedogener Eisen(oxyhydr)oxide ist in Mofettenböden ebenso gehemmt wie die Streuzersetzung, was zur Anreicherung von organischer Bodensubstanz (SOM) führt. All diese Änderungen der Bodenbedingungen können sich maßgeblich auf Bindungsmechanismen und somit auf die Mobilität von Metall(oid)en auswirken. Eine CO2-induzierte Mobilisierung kann gefährlich werden, wenn potenziell toxische Metall(oid)e ins Grundwasser gelangen, wohingegen eine Immobilisierung essenzieller Spurenelemente ein Risiko für Pflanzen und Bodenorganismen darstellt.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, CO2-induzierte Änderungen in den Bindungsmechanismen und der Mobilität einiger ausgewählter Metal(oid)e zu untersuchen. Neben Aluminium (Al), Cadmium (Cd), Kobalt (Co), Chrom (Cr), Nickel (Ni) und Zink (Zn) wurde ein besonderes Augenmerk auf die Elemente Eisen (Fe), Arsen (As), Mangan (Mn) und Kupfer (Cu) gelegt. Das untersuchte Mofettengebiet befindet sich im Egerbecken im Nordwesten der Tschechischen Republik.
In einer ersten Studie wurde die räumliche Verteilung der genannten Metall(oid)e um eine CO2- Entgasungsstelle sowohl für die Bodenfestphase als auch im Porenwasser untersucht. Mit Hilfe einer sequenziellen Extraktion konnten einzelne Fraktionen verschiedenen hypothetischen Bindungsmechanismen zugeordnet werden. Die räumliche Verteilung der Fe- und As-Gehalte war vor allem an das Vorhandensein von Eisen(oxyhxdr)oxiden gebunden, welche sich überall dort bilden konnten, wo Spuren von Sauerstoff verfügbar waren. Aluminium und Cr waren überwiegend in Form von Aluminosilikaten gebunden und zeigten kaum Mobilisierung. Die niedrigen Gehalte rund um das Entgasungszentrum waren hauptsächlich auf einen niedrigeren Gesamtmineralgehalt aufgrund der SOM-Anreicherung zurückzuführen. Die Bodengehalte von Co, Mn und Ni waren im gesamten CO2- beeinflussten Bereich deutlich erniedrigt. Diese Metalle wurden vermutlich durch die CO2-induzierte Bodenversauerung und die dadurch deutlich beschleunigte Silikatverwitterung freigesetzt und aus dem Bereich der Mofette ausgewaschen. Cadmium, Cu und Zn waren die einzigen Elemente, die im Entgasungszentrum angereichert wurden. Die effektive Festlegung dieser chalkophilen Elemente konnte auf die Bildung und (Mit-)Fällung von Sulfidmineralen zurückgeführt werden. Die höchsten Metall(oid)-Konzentrationen im Porenwasser wurden in unmittelbarer Nähe zum Entgasungszentrum für die Elemente Al, As, Cr, Cu, Fe und Zn beobachtet und korrelierten mit dem gelösten organischen Kohlenstoff. Aufgrund der anoxischen Bedingungen reichert sich nur gering zersetzte organische Substanz in den Mofetten an, welche leicht in die Flüssigphase mobilisiert werden kann. EineKomplexierung der genannten Metall(oid)e mit gelöster organischer Substanz (DOM) kann eine Adsorption verhindern und die Mobilität der Metall(oid)e erhöhen.
In einer zweiten Studie wurden Kurzzeit-Mobilisierungsprozesse für Fe, As, Mn und Cu untersucht, die unmittelbar nach einer CO2-Freisetzung in einen bis dahin nicht CO2-beeinflussten Boden auftreten können. Dafür wurden Batchversuche mit einem CO2-unbeeinflussten Boden aus unmittelbarer Nähe zur Mofette durchgeführt. Zunächst war die schnelle, abiotische Mobilisierung von Metallkationen (gezeigt an Mn) durch eine fortschreitende Protonierung der Sorptionsoberflächen zu beobachten, jedoch war die Gesamtmobilisierung über diesen Prozess recht niedrig. Nach 1 bis 3 Tagen begann eine starke Fe-Mobilisierung durch die mikrobiell getriggerte, reduktive Auflösung von Eisen(oxyhydr)oxiden, durch die auch inkorporierte Metal(loid)e wie As freigesetzt wurden.
In einer dritten Studie wurde der CO2-Einfluss auf die Mobilität von Cu untersucht. Dafür wurden Boden- und Porenwasserproben von einem Transekt über die Mofette analysiert und Cu-Spike- Experimente mit natürlichem, SOM-reichem Oberboden dieses Transekts durchgeführt, um Sorptionsisothermen zu bestimmen. Des Weiteren wurde die Festphasenspeziierung von Cu mittels Röntgenabsorptionsspektroskopie bestimmt. Die Cu-Mobilität war im Übergangsbereich zwischen oxischen (Referenz) und anoxischen (Mofette) Bedingungen am höchsten, wohingegen im Entgasungszentrum eine starke Cu-Festlegung und sehr hohe Adsorptionskoeffizienten beobachtet wurden. Anhand der Cu-Festphasenspeziierung konnte gezeigt werden, dass die starke Cu- Sequestrierung im permanent anoxischen Entgasungszentrum durch eine Cu-Reduktion und die anschließende Fällung von Sulfidmineralen verursacht wurde. Im Übergangsbereich und im Referenzboden war Cu überwiegend an SOM gebunden. Ein zunehmendes Verhältnis von gelöstem organischen Kohlenstoff zu Festphasen-Kohlenstoff mit zunehmendem CO2-Einfluss zeigte, dass sich der geringere Zersetzungsgrad von SOM in Mofetten negativ auf die SOM-Stabilisierung auswirkt. Kupfer bindet sowohl an DOM als auch an Festphasen-SOM. Dies bewirkte die beobachtete Zunahme der Cu-Mobilität mit zunehmendem CO2-Gehalt des Bodens. Die Cu-Mobilität war einige Meter vom Entgasungszentrum entfernt am höchsten, da hier das Vorhandensein geringer Sauerstoffmengen die Ausfällung von Cu-Sulfiden verhinderte.
Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sowohl Metall(oid)-Mobilisierungs- als auch Immobilisierungsprozesse in CO2-beeinflussten Böden stattfinden. Potenzielle Risiken hinsichtlich einer Grundwasserkontamination oder durch die Immobilisierung essenzieller Spurenelemente sollten an solchen Standorten berücksichtigt werden. Desorption und Mineralauflösung sind Hauptprozesse bezüglich der Metall(oid)-Mobilisierung in Mofettenböden, während die Fällung chalkophiler Metalle in Form von Sulfidmineralen einen Hauptimmobilisierungsprozess darstellt. Das CO2 wirkt sich über die induzierte Bodenversauerung und die anoxischen Bodenbedingungen in erster Linie indirekt auf diese Prozesse aus. Bei kurzzeitigem CO2-Einfluss ist mit einer schnellen Metall(oid)-Mobilisierung durch Desorption und Eisen(oxyhydr)oxid-Auflösung zu rechnen. Eine kontinuierliche CO2- Ausgasung kann durch verstärkte Silikatverwitterung weitere Metall(oid)-Freisetzung und -Auswaschung bewirken. Das größte langfristige Risiko für eine erhöhte Metall(oid)-Mobilität stellen die stark erhöhten DOM-Konzentrationen in der Nähe des Entgasungszentrums durch die mögliche Bildung von Metall(oid)-DOM-Komplexen dar.