Doktorarbeit
Stabilisierung und Analyse von Schwefelisotopen in Thioarsenaten: Neue Methoden für die Untersuchung abiotischer und biotischer Umwandlungsprozesse
Maria Ullrich (04/2013-09/2017)
Betreuer: Britta Planer-Friedrich
Die ausgeprägte Affinität von Schwefel zu Metallen und Metalloiden führt zur Bildung verschiedener löslicher Thiometall(oid)-Verbindungen, deren Bedeutung für den biogeochemischen Schwefelkreislauf zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Thioarsenaten ([HxAsVS-IInO4-n]x-3, x = 1 - 3, n = 1 - 4), die vor allem wegen ihrer ökologischen und toxikologischen Auswirkungen Gegenstand bisheriger Forschung waren. Allerdings sind die genauen Bildungs- und Umwandlungsprozesse noch nicht vollständig aufgeklärt. Insbesondere Speziesveränderungen, die während der Oxidation von Thioarsenaten beobachtet wurden, werfen nach wie vor grundlegende Fragen zum Verlauf abiotischer und biotischer Umwandlungsprozesse auf.
Für die Untersuchung der Umwandlung von Schwefelspezies wie Thiosulfat oder Elementarschwefel hat sich die Analyse von Schwefelisotopen als äußerst hilfreich erwiesen. Zurzeit fehlt jedoch eine Methode für die Isotopenanalyse von Thioarsenaten. Dementsprechend war das Ziel der vorliegenden Studie, eine Methode zu entwickeln, mit der Schwefelisotope in Thioarsenaten untersucht werden können. Im Anschluss wurde die entwickelte Methode angewendet, um offene Fragen im Hinblick auf die Umwandlung von Thioarsenaten zu untersuchen und somit ihre Rolle innerhalb des Schwefelkreislaufs zu beleuchten.
Die Entwicklung einer Methode zur Probenstabilisierung stellte dabei den ersten, grundlegenden Schritt für die spätere Isotopenanalyse dar. Hierbei wurde ein besonderer Schwerpunkt auf die Probleme der Stabilisierung von Thioarsenaten in natürlichen, eisenreichen Wässern gelegt. Gegenwärtig angewandte Methoden, wie das Ansäuern oder Schockgefrieren von Proben, sind für Thioarsenate ungeeignet, da sie zu Arsensulfid- und Eisenhydroxid-Ausfällungen führen und so die ursprüngliche Speziesverteilung verändern. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde eine neue Herangehensweise getestet, die auf der Trennung der anionischen Thioarsenate von kationischem Eisen mittels Festphasenextraktion (SPE) basiert. Das Anionenaustauschmaterial AG2-X8 zeigte vollständige Retention von Mono- und Trithioarsenat sowie Sulfat, Thiosulfat und Arsenat. Eisen hingegen passierte den Anionenaustauscher ohne zu sorbieren und wurde somit erfolgreich von den Thioarsenaten getrennt. Für die anschließende Elution wurden Lösungen von alkalischem Salicylat kontrolliert durch die SPE-Kartusche geleitet und dabei die sorbierten Spezies komplett vom Anionenaustauscher desorbiert. Die starke Adsorption von Trithioarsenat erforderte dabei vor der Elution eine wiederholte Einwirkzeit in Salicylat. Als alternative Elutionsmethode wurde das AG2-X8-Material komplett aus der Kartusche gelöst. Unter Rühren in alkalischem Salicylat wurden so die sorbierten Spezies ebenfalls vollständig zurückgewonnen, gleichzeitig das Elutionsvolumen wesentlich verringert und so die Anreicherung der Spezies im Eluat verbessert. An natürlichen, eisenreichen Wässern einer tschechischen Mineralquelle konnte abschließend gezeigt werden, dass die neue Methode Schwefel- und Arsenspezies für mindestens 6 Tage stabilisiert.
Für die anschließende Isotopenanalyse der Thioarsenate wurden zunächst etablierte Routinemethoden untersucht. Standardmäßig werden gelöste Schwefelspezies gefällt und das Präzipitat mittels Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IRMS) analysiert. Die ausgeprägte chemische Ähnlichkeit der Thioarsenate erlaubt jedoch keine selektive Ausfällung. Darüber hinaus zeigten Tests dieser Studie, dass während der standardisierten Fällung von Sulfid für die IRMS-Analyse Monothioarsenat mitausfällt und somit δ34S-Werte von Sulfid verfälschen kann. Um diese Probleme zu umgehen, wurde eine neue Methode entwickelt, die auf ionenchromatografischer Trennung und direkt anschließender Analyse der Schwefelisotope mittels Multikollektor-Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma beruht (IC-MC-ICP-MS). Diese Methode erlaubt die gleichzeitige Isotopenanalyse von Sulfid, Sulfat, Thiosulfat und erstmals aller vier Thioarsenate.
Die neue IC-MC-ICP-MS-Methode wurde angewendet, um oxidative Umwandlungen von Thioarsenaten zu untersuchen. Während der abiotischen Oxidation von Monothioarsenat bildete sich 34S-abgereichertes Sulfat, was zu einem normalen Isotopeneffekt von -6.1 ‰ führte. Keine Isotopenfraktionierung wurde hingegen für die stufenweise Oxidation von Tetrathioarsenat über Tri- und Di- zu Monothioarsenat gefunden. Monothioarsenat zeigte jedoch eine deutliche Anreicherung von 34S, die auf weitere Oxidation, aber auch auf intermolekularen Austausch mit schwerem Sulfid zurückzuführen ist. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die oxidative Zersetzung von Monothioarsenat mit einer Oxidation des Arsen-gebundenen Schwefels einhergeht, während Tetra-, Tri- und Dithioarsenat sulfidischen Schwefel in seiner ursprünglichen Oxidationsstufe freisetzen. Des Weiteren unterstützen die hier gewonnenen Erkenntnisse die Hypothese früherer Studien, nach denen dreiwertige Thioarsenite kurzzeitig als intermediäre Spezies sowohl während der Bildung als auch der Umwandlung von Thioarsenaten auftreten.
Die neu entwickelte IC-MC-ICP-MS-Methode wurde außerdem eingesetzt, um der Frage nachzugehen, ob Mikroorganismen den in Thioarsenaten gebundenen, reduzierten Schwefel als Elektronendonor verwenden können. In früheren Studien beobachtete Speziesumwandlungen deuteten darauf hin, dass chemolithotrophe Bakterien Monothioarsenat direkt oxidieren. Umwandlungen durch abiotische Prozesse konnten jedoch nicht ausgeschlossen werden. Inkubationsexperimente, die im Rahmen der vorliegenden Studie mit dem hyperthermophilen Thermocrinis ruber durchgeführt wurden, offenbarten einen ausgeprägten inversen Isotopeneffekt. In Verbindung mit Ergebnissen abiotischer Oxidationsexperimente weist dies darauf hin, dass Schwefel in Monothioarsenat nicht wie angenommen als Substrat für mikrobiellen Umsatz dient. Dementsprechend wurde ein alternatives Modell entworfen, in dem Monothioarsenat zunächst abiotisch zu Elementarschwefel und Arsenit disproportioniert, bevor Mikroorganismen diese Zwischenprodukte weiter zu Sulfat und Arsenat oxidieren.
Insgesamt ermöglichten die im Zuge dieser Studie entwickelten Methoden eine eingehendere Untersuchung von abiotischen sowie biotischen Thioarsenatumwandlungen. Die Aussagekraft von Speziesanalysen für die Aufklärung von Transformationsprozessen ist oftmals begrenzt. Diese Studie konnte zeigen, dass die zusätzliche Analyse von Schwefelisotopen wertvolle Informationen liefert. Damit tragen die hier gewonnenen Erkenntnisse zu einem besseren Verständnis von Vorkommen, Stabilität und mikrobieller Umsetzung von Thioarsenaten innerhalb des natürlichen Schwefelkreislaufs bei.